Rekonstruktion des östlichen Tors des Großen Stupa in Sanchi

Nina Graser

 

Sanchi ist ein buddhistischer Komplex, berühmt für seinen Großen Stupa auf einer Hügelkuppe in der Stadt Sanchi im Bezirk Raisen im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Der Große Stupa in Sanchi ist eines der ältesten Steinbauwerke Indiens und ein wichtiges Denkmal der indischen Architektur.

Ende 2022 wurde eine archäologische Kopie des Osttors des Stupa von Sanchi vor dem Humboldt-Forum in Berlin, Deutschland, aufgestellt. Das Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser GmbH hatte den Zuschlag für dieses Projekt erhalten.

Das Projekt geht auf die Gründungsintendanten des Humboldt-Forums, Neil Mac Gregor, Hermann Parzinger und Horst Bredekamp, zurück. Das Tor ist nicht nur eine Art Wahrzeichen der Staatlichen Museen, das nun auch in Berlin-Mitte zu erleben ist, sondern auch ein einzigartiger Kontrapunkt zur barocken Außenfassade des teilrekonstruierten Berliner Schlosses. Was im Inneren des Humboldt-Forums bereits die Besucher begeistert, ist jetzt auch von außen sichtbar .

Doch wie kommt das Osttor des Sanchi Stupa überhaupt nach Berlin?

1869/1870 fertigten englische Archäologen in Indien mit großem Aufwand Gipsabgüsse des ursprünglichen Sanchi-Tors . Diese Gipsreliefs wurden 1886 vom Museum für Völkerkunde Berlin aus London angekauft und werden in einem externen Depot aufbewahrt, das zum Museum gehört. In diesem Depot hat das Bamberger Natursteinwerk die ca. 104 Gipsabgüsse mit einem 3D-Scanner gescannt und anschließend im Computer zu einem 3D-Modell zusammengesetzt. Das Ergebnis war ein digitaler Zwilling des Osttores von Sanchi im Zustand von 1869/1870. Diese digitalen Daten waren dann die Grundlage für die Programmierung der Roboter des Unternehmens, mit denen sie die einzelnen Steine vorgefräst haben. Anschließend wurden die Steine von Bildhauern auf der Grundlage von Fotos der Gipsmodelle sowie des heutigen Sanchi-Tors fertiggestellt.

Roboter beim Vorfräsen eines Pfeilers des Sanchi-Tors

Bildnachweis: Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser

 

 

Für diese archäologische Kopie verwendete das Bamberger Natursteinwerk seinen "Roten Mainsandstein" aus Röttbach in Unterfranken, der dem originalen Sandstein in Indien sehr ähnlich ist. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsschritte waren verschiedene Personen an diesem Projekt beteiligt, nämlich Mitarbeiter in  der technischen Abteilung des Unternehmens, im  Steinbruch sowie   in der  Produktion. Darüberhinaus waren zeitweise  bis zu 10 Bildhauer gleichzeitig beschäftigt.

Bildhauer des Bamberger Natursteinwerks bei der Fertigstellung einer Säule des Sanchi-Tors

Bildnachweis:  Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser

 

Der Bau dieses bedeutenden Denkmals vor dem Berliner Schloss wurde vom Bauherrn eng mit der indischen Botschaft in Berlin abgestimmt und soll auf die Ausstellungen im Humboldt-Forum in der Stadt aufmerksam machen und insbesondere deutlich machen, dass das Humboldt-Forum für die außereuropäischen Kulturen der Welt steht. Das Bamberger Natursteinwerk überlegte daher gemeinsam mit dem Auftraggeber, dass es aufgrund der kulturellen Bedeutung des Sanchi-Tores und des hohen Niveaus der indischen Bildhauerei sinnvoll wäre, für die Bildhauerarbeiten an diesem indischen Kunstwerk Rat und Anregungen von indischen Bildhauern einzuholen. Das Bamberger Natursteinwerk nahm daraufhin über den europäischen Natursteinverband Euroroc (European & International Federation of Natural Stone Industries), dessen Präsident Hermann Graser ist, Kontakt zu dem  indischen Steinmetzbetrieb Trivedi auf und bekam in der Folge zwei indische Bildhauer als Berater für eine gewisse Zeit zur Verfügung gestellt. Es war wunderbar, wie sich die Bildhauer über die Kulturen hinweg austauschten und voneinander lernten.

Bildhauer des Bamberger Natursteinwerks bei der Arbeit an einer Elefantenkapelle

Bildnachweis: Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser

 

Bildhauer des Bamberger Natursteinwerks Hermann Graser beim kulturübergreifenden Austausch von Fachwissen

Bildnachweis: Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser

 

Nun istdie archäologische Kopie des Sanchi-Tors auf der Lustgartenseite des Berliner Schlosses in der Nähe des Portals 5 aufgestellt. Das rekonstruierte Tor besteht aus rund 30 Einzelteilen, die per LKW nach Berlin transportiert und vor Ort zusammengesetzt worden sind.

Dieses Projekt war  aufgrund der Menge an filigraner Bildhauerarbeit eine absolute Besonderheit. Die größte Herausforderung für das Bamberger Natursteinwerk war es, diese Menge in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit herzustellen.

Details der filigranen Skulptur für das Sanchi-Tor

Bildnachweis: Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser